Betreuungsgelddebatte entlarvt erneut Verfallserscheinungen der Koalition

SPD will Betreuungsgeld verhindern - mit allen Mitteln

  • von  Redaktionsteam
    01.07.2012
  • Beiträge [Partei], Bundestag

Die Bilder von der  Plenardebatte zur 1. Lesung des schwarz-gelben Gesetzentwurfs zur Einführung des Betreuungsgeldes zeigten deutlich: FDP und auch weite Teile der Union wollen mit der Kitafernhalteprämie nicht in Verbindung gebracht werden. So setzten sich die Unionsleute in die letzten Reihen, und die FDP gab nur müde Applaus für die Rede von Familienministerin Schröder (CDU). Nur einer freut sich: Horst Seehofer (CSU). Und die Kanzlerin sieht dem Treiben zu. Mit dem Kuhhandel der Koalition hat sie sich selbst einen Bärendienst erwiesen. Die SPD-Bundestagsfraktion wird alles dafür tun, das Betreuungsgeld zu verhindern. Und spätestens 2013 schaffen die Sozialdemokrat_innen es wieder ab. Für die SPD-Fraktion redeten Fraktionsvizin Dagmar Ziegler, die familienpolitische Sprecherin Caren Marks und der zuständige Berichterstatter Sönke Rix.

Die breite Kritik innerhalb der Koalition am Betreuungsgeld ist lange bekannt.  Dies wurde in der letzten Sitzungswoche dadurch gekrönt, dass 126 Abgeordnete der schwarz-gelben Koalition nicht im Plenum waren. Dadurch war der Bundestag nicht mehr beschlussfähig, und es stand fest: Über das Betreuungsgeld wird erst nach der Sommerpause debattiert. Im Ältestenrat gab es dann nach einigem Geschacher schließlich die Entscheidung, die 1. Lesung des Gesetzes doch noch vor der Sommerpause im Plenum zu debattieren. Notfalls so berichtete Thomas Oppermann, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Faktion, wolle „die Union alle Abgeordneten und sogar die Kranken in den Saal“ tragen.

Aus der Debatte:

Die Rede der jung-dynamischen Nicht-Familienministerin bot wieder viel Angriffsfläche in Sachen Gleichstellungs-, Kinder-, Integrations- und Bildungspolitik:

„Sie haben sich im Koalitionsvertrag verpflichtet, die Partnermonate beim Elterngeld auszuweiten. Umsetzung? Fehlanzeige", warf SPD-Fraktionsvizin Dagmar Ziegler Schröder in der Debatte vor. Und weiter: „Da meldet sich Merkel bei den vernünftigen CDU-Frauen zum Gespräch an, um sie zur Unvernunft zu zwingen." Selbst die sonst so konservativen Landfrauen wollten das Betreuungsgeld nicht, „Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht. Die Mehrheit der Unionswähler nicht", stellte Ziegler fest. "Frau Schröder, wenn Sie von Respekt und Toleranz reden, ist das schlichtweg unglaubwürdig", sagte die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Caren Marks. Die SPD-Fraktion erreichten waschkörbeweise Briefe von Eltern, die das Fehlen von Wahlfreiheit beklagen, weil Kita-Plätze fehlten, erläuterte Marks.

Ein schwarz-gelber Kuhhandel leistet der Koalition einen Bärendienst

Merkel und Co. wollten ursprünglich verhindern, dass das Betreuungsgeld in der Sommerpause weiter im Zentrum der öffentlichen Debatte steht. Doch das wäre ohnehin nicht gelungen. Denn die Menschen wissen, was für einen absurden Kuhhandel Schwarz-Gelb betreibt: Die FDP will das Betreuungsgeld nicht, stimmt aber im Kabinett dafür, weil die Union dafür dem „Pflege-Bahr“, der privaten Pflegezusatzversicherung, zustimmt. Das will die FDP durchsetzen. Dabei will die Union dieses sozial ungerechte Klientelgeschenk an die private Versicherungswirtschaft eigentlich nicht. Nur der bayerische Ministerpräsident (CSU) freut sich, er bekommt, was er will, und nur er: das Betreuungsgeld!

Dagmar Ziegler, MdB, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende:

Breite Mehrheit der Bürger_innen sind gegen das Betreuungsgeld

Das ZDF-Politbarometer vom 15. Juni war deutlich: 71 Prozent der Deutschen lehnen das Betreuungsgeld ab. Selbst die Anhänger der Union sind mit 64 Prozent dagegen. Zwei Milliarden werden verpulvert, weil so eine Wahlfreiheit für Eltern geschaffen werden soll. Doch die gibt es nicht: Der auf SPD-Initiative 2008 beschlossene Rechtsanspruch auf einen Krippen-Platz tritt zwar im August 2013 in Kraft, aber 200.000 Betreuungsplätze fehlen. Für die 2 Milliarden könnten allein 166.000 zusätzliche Krippenplätze entstehen. Das zeigt, was für ein Zukunftsrisiko Schwarz-Gelb ist: Das Geld wird nicht in frühkindliche Bildung für alle Kinder investiert und die Kommunen sind auf sich gestellt. Nun sollten die „Schlecker-Frauen“ ran, die Schwarz-Gelb hat im Regen stehenlassen. Laut Arbeits-und Sozialministerin von der Leyen sollen sie helfen, die Lücken beim Personal für frühkindliche Bildung zu schließen. Eine Qualifizierungsoffensive für diese Frauen ist gefragt. Aber aus der schwarz-gelb verschuldeten Not geboren, ist die Lösung fragwürdig: Länder wie Berlin haben bereits die Ausbildung aufgewertet und sie, wie in anderen europäischen Staaten und den USA üblich, in ein Fachhochschulstudium überführt. Doch dieser Schritt erfordert, dass Erzieherinnen und Erzieher danach auch eine gute Bezahlung für die wichtige Aufgabe, die kleinen Menschen von Beginn an gut zu bilden, erhalten. Wir können gespannt sein, was Frau Übermutter von der Leyen (CDU) dazu noch erklärt.

Caren Marks, MdB, Sprecherin der Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

SPD fordert: Kita-Ausbau statt Betreuungsgeld

Die SPD-Fraktion hat ihren Antrag „Kita-Ausbau statt Betreuungsgeld“ in den Bundestag eingebracht, den der Bundestag heute ebenfalls debattiert hat. Darin fordern die Sozialdemokrat_innen die Bundesregierung auf, auf das Betreuungsgeld zu verzichten und die dafür vorgesehenen Mittel zusätzlich in den Ausbau der Kita-Plätze zu investieren. Damit soll der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unterdreijährige Kinder gefördert werden. Bund, Länder und Kommunen sollen dafür auf einem Krippengipfel konkrete Maßnahmen verabreden.

Sönke Rix, MdB, Stellv. Sprecher der Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend: