Debatte um den Veggie-Day in Nürnberg

Bevormundung durch Öko-Fundamentalisten?

  • von  Nasser Ahmed
    05.09.2012
  • Beiträge [Partei], Jusos

Als Befürworter eines fleischlosen Tages in den städtischen Kantinen Nürnbergs darf man sich zurzeit einiges anhören. Das Hauptargument: es handele sich hierbei um Bevormundung, einen Eingriff in die Freiheitsrechte und „Zwangsbeglückung“.

Dabei gerät der Kern dieser Aktion vollkommen aus dem Blick. Fleischkonsum ist nicht nachhaltig. Dabei sind die unglaublichen Mengen an Fleisch, die jeder Deutsche durchschnittlich isst aus ernährungs-physiologischer Sicht unsinnig und sogar ungesund. Würden sich alle Menschen auf der Welt einen ähnlichen Lebensstil aneignen, bräuchten wir drei bis vier Erden, um den Umweltverbrauch zu kompensieren.

Die Nachfrage nach einer solch großen Anzahl von Tieren hat zudem eine industrialisierte Viehzucht zur Folge, bei der qualvolle Massentierhaltung, Überzüchtung und übermäßiger Einsatz von Medikamenten und Chemikalien vorprogrammiert sind. Tiere haben es nicht verdient, wie irgendwelche Produkte im kapitalistischen Warensystem behandelt zu werden, sondern wie Lebewesen! Menschen haben es nicht verdient, mit Fleisch überschüttet zu werden, das durch und durch von Chemikalien und Medikamenten durchsetzt ist, da es ihnen schadet.

Aufgrund dieser unumstrittenen Tatsachen ist es durchaus legitim, politische Impulse zu setzen, die einen bewussteren Umgang mit Fleisch fördern. Dem Staat bzw. der Stadt Nürnberg kommt hierbei eine besondere Vorbildfunktion zu.

Keine Bevormundung sondern Erfüllung der Vorbildfunktion

Es wird immer wieder angebracht, dass der fleischlose Donnerstag, wie wir ihn fordern, eine Bevormundung für die Kundinnen und Kunden der städtischen Kantinen darstellt. Dabei geht es bei dieser Maßnahme gar nicht um ein Fleischverbot für die MitarbeiterInnen der Stadt Nürnberg. Es soll lediglich kein Fleisch in der Kantine angeboten werden. Das ist ein großer Unterschied, da die Stadt in der Tat niemanden zu Fleischverzicht verpflichten kann. Einen Impuls setzen kann sie jedoch schon, indem die städtischen Kantinen durch vorzüglich angerichtete vegetarische Gerichte beweisen, dass fleischlosen Gerichten bei richtiger Anfertigung überhaupt nichts fehlt. Dieser „Aha-­‐Effekt“ ist es, der die gesellschaftlichen Vorurteile über vegetarische Gerichte widerlegen soll. Indem städtische Kantinen zeigen, dass fleischlose Speisen mehr als nur zusammengewürfelte Beilagen sind, würde die Stadt Nürnberg eine Vorbildrolle einnehmen. 

Diese Maßnahme stellt auch gegenüber den Pächtern der jeweiligen Kantinen keinerlei Bevormundung dar. Staatliche Hygienevorschriften, das Verbot des Ausschanks von Alkohol an Minderjährige u.v.m. sind Vorschriften, die sogar private Betriebe hinnehmen, ohne dass man hier von Bevormundung sprechen könnte. Bei den Kantinen handelt es sich aber nicht um Dönerbuden oder private Restaurants, sondern um Einrichtungen, bei denen die Stadt Eigentümerin ist. Hier kann sie also weitergehende Vorschriften machen. Es ist folglich angemessen, einen Tag als fleischlos vorzuschreiben, um als gutes Beispiel voranzugehen und keine Bevormundung!

Die Rolle der Kantinen­‐Betreiber

Die gelegentlich angebrachte Angst der Pächter vor erheblichen Umsatzverlusten gilt es einerseits ernstzunehmen und andererseits zurückzuweisen. Auf der einen Seite zeugt diese Angst vor einer tiefen gesellschaftlichen Verankerung des übertriebenen Fleischkonsums, dem sich die Betreiber der Kantinen ausgesetzt fühlen. Aufgrund enger Kalkulation und niedriger Gewinnmargen haben die Betreiber naturgemäß Angst, dass niemand ihre fleischlosen Gerichte essen will. Andererseits würden sich die Betreiber im Falle eines Veggie-­‐Days sehr darum bemühen, anspruchsvolle und v.a. ansprechende vegetarische Gerichte zuzubereiten. Dadurch würden sie ihren KundInnen beweisen, wie sehr es eigentlich doch möglich ist, auf Fleisch zu verzichten ohne gleichzeitig auf den Genuss zu verzichten.

Alles in allem sind wir uns dessen bewusst, dass es mit einer Maßnahme nicht getan ist und dass solch kleine Impulse wohl nicht reichen, um eine überfälligen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen. Doch wir sind davon überzeugt, dass ein Wandel eintreten muss. Alle KritikerInnen fordere ich deshalb dazu auf, trotz ihrer Bedenken gegenüber dem fleischlosen Donnerstag, Vorschläge dafür zu machen, wie wir das übergeordnete Ziel erreichen können. Und vor allem: welchen Beitrag die Stadt Nürnberg für einen bewussteren Umgang mit Fleisch leisten kann.