Standpunkt für die BSZ: Immer weniger Abschiebungen und freiwillige Ausreisen: Besteht Handlungsbedarf?

Die Bayerische Staatszeitung hat mich für ihre aktuelle Ausgabe um meinen Standpunkt zu dieser Frage gebeten

  • von  A. Weikert
    27.10.2017
  • Beiträge [Angelika Weikert], Asyl- und Flüchtlingspolitik

Ja, im Themenbereich Aufenthaltsbeendigung besteht definitiv Handlungsbedarf.

Zunächst brauchen wir einen differenzierten und ehrlichen Umgang mit dieser Frage. Besonders niedrige oder hohe Abschiebezahlen dürfen nicht länger ein Mittel für einzelne Landespolitiker sein, Wählern am rechten Rand zu demonstrieren, dass man besonders hart und konsequent durchgreift. Abschiebungen taugen auch nicht dazu Menschen, die vor einer Flucht nach Deutschland stehen, zu zeigen, welche Zuwanderer hier erwünscht sind und welche nicht.

Der Rückgang der Abschiebungen und freiwillige Ausreisen ist teilweise dadurch zu erklären, dass die Zahl der Asylbewerber zurückgeht. Vor allem aber ist es unseriös, den Eindruck zu erwecken, dass alle 230.000 Ausreisepflichtigen schnellstmöglich abgeschoben werden müssen und können.

160.000 von ihnen sind – beispielsweise krankheitsbedingt oder weil sie eine Ausbildung absolvieren – geduldet. In anderen Fällen ist die Abschiebung wegen der Lage im Herkunftsland nicht möglich. Bei einer Mehrzahl der in Frage kommenden Personen gibt es also gute Gründe, warum die Abschiebung derzeit nicht vollzogen wird. Daher begrüße ich den jüngsten Vorstoß der Regierungschefs der Länder, für diesen Personenkreis den Zugang zum Arbeitsmarkt zu lockern.

Ein ehrlicher Umgang mit dem Thema bedeutet aber auch, offen zu sagen, dass nicht alle Asylsuchenden ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland erhalten können und früher oder später ausreisen müssen.

Mit einer Verbesserung der Rückkehrberatung und –förderung soll das Prinzip „Freiwillige Ausreise vor Abschiebung“ gestärkt werden. Vor allem gilt es massiv in Unterstützungsangebote zu investieren, die freiwilligen Rückkehrern einen Neuanfang in ihren Herkunftsstaaten erleichtern.

Insgesamt befürworte ich den Vorschlag der Länderregierungschefs, Kompetenzen zu bündeln mit dem Ziel, Rückführungen bundeseinheitlich zu regeln.