Frauenhäuser in Bayern: Staatsregierung unterstützt noch immer nicht genug

SPD-Landtagsabgeordnete Helga Schmitt-Bussinger und Landtagskandidatin Claudia Arabackyj informierten sich bei der Beratungsstelle des Frauenhauses Nürnberg über deren Arbeit.

  • von  Helga Schmitt-Bussinger und Claudia Arabackyj
    03.07.2018
  • Beiträge [Partei], Helga Schmitt-Bussinger

v.l.n.r.: Barbara Grill, Helga Schmitt-Bussinger, Sonja Dietrich, Claudia Arabackyj, Gabi Penzkofer-Röhrl, Stefanie Walter

SPD-Landtagsabgeordnete Helga Schmitt-Bussinger und Landtagskandidatin Claudia Arabackyj informierten sich bei der Beratungsstelle des Frauenhauses Nürnberg über deren Arbeit. Hauptthemen waren die noch immer schwache Finanzierung durch den Freistaat und der Mangel an ausreichend Plätzen für Frauen in Not.

Das Frauenhaus Nürnberg ist mit rund 20 Plätzen für Frauen und ihre Kinder die zweitgrößte Einrichtung ihrer Art in Bayern; wird vom Freistaat bisher jedoch lediglich zu 8 Prozent finanziert. Landtagsabgeordnete Schmitt-Bussinger kritisiert das Verhalten der Staatsregierung: „Eine Förderung von 8 Prozent – dies entsprich gerade einmal 42.000€ – der benötigten jährlichen Mittel ist eine Frechheit gegenüber all den Frauen, die Opfer von körperlicher und geistiger Gewalt geworden sind. In den letzten Jahren wurde dazu viel versprochen, aber nur wenig gehalten. Im bayernweiten Durschnitt liegt die Förderquote bei gerade einmal 10 Prozent – das muss sich endlich ändern!“ Die Stadt Nürnberg unterstützt das Frauenhaus hingegen mit 450.000€ jährlich. „Es zeigt sich mal wieder: Die Staatsregierung lässt die Kommunen auf den Kosten sitzen. In anderen Städten wird noch nicht mal eine hauptamtliche Geschäftsführung finanziert. Die Sparwut wird auf dem Rücken der Ehrenamtlichen ausgetragen“, beanstandet die Abgeordnete.  

Auf 20 zur Verfügung stehende Plätze kommen im Frauenhaus Nürnberg jährlich etwa 300 individuelle Anfragen. Bei einer maximalen Verweildauer von einem halben Jahr im Frauenhaus wird die Warteliste daher immer länger. Barbara Grill, Geschäftsführerin des Frauenhauses in Nürnberg: „Allein im letzten Jahr stiegen die Anfragen um ein Drittel. Es bräuchte mindestens ein Plus von fünf Plätzen, im Idealfall in barrierefreier Apartment-Struktur. So könnte den Frauen und ihren Kindern ein Mindestmaß an Privatsphäre und Selbständigkeit gegeben werden. Dringend erforderlich ist der Ausbau der Personalausstattung für die Kinder und Jugendlichen, die fast alle noch längere Zeit an den traumatisierenden Folgen der häuslichen Gewalt leiden und intensive Unterstützung benötigen.“  

Stadträtin Gabi Penzkofer-Röhrl fügt an: „Neben dem Beratungs- und dem Schutzangebot für Frauen und der nachgehenden Beratung leistet das Frauenhaus auch Präventionsarbeit in Schulen und berät in Fremdsprachen. Das alles bindet aber Gelder und Personal. Vom Sozialministerium wurde seit längerem eine deutlich bessere Unterstützung versprochen; es gab sogar schon einen ausgearbeiteten Fahrplan. Seit dem Ministerinnenwechsel ist davon aber nichts mehr zu hören. Im letzten Nachtragshaushalt blieb das Frauenhaus leider unberücksichtigt.“  

Landtagskandidatin Claudia Arabackyj: „Es ist erschreckend, wie viele Frauen alleine in Bayern jährlich Opfer von häuslicher Gewalt werden. Mindestens genauso erschreckend ist jedoch, wie wenig dies die Staatsregierung offensichtlich kümmert. Eine angemessene Beteiligung an der Finanzierung von Wohnraum und Personal ist längst überfällig.“  

Das Nürnberger Frauenhaus wurde 1979 gegründet und ist damit die älteste Einrichtung in Bayern. Mit dem „Nürnberger Weg“ kooperiert das Frauenhaus seit 2007 mit der Polizei um pro-aktiv auf Opfer von häuslicher Gewalt zuzugehen, die sich aus verschiedensten Gründen nicht selbständig zur Beratung melden können.   

Landtagskandidatin Arabackyj fordert: „Der Freistaat darf sich nicht länger vor seiner Verantwortung drücken. Es ist ein Skandal, dass Frauen den Mut aufbringen und sich Hilfe suchen und dann abgewiesen werden müssen, weil der reiche Freistaat keine Gelder locker machen möchte. Ich habe großen Respekt vor den Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser: Sie haben es geschafft, neben der alltäglichen Arbeit ein Beratungsnetzwerk fast auf eigene Faust aufzubauen. Der Freistaat kann das nicht ignorieren!“ Auch der aktuell vorgestellte Drei-Stufen-Plan von Staatsministerin Schreyer sei zu wenig konkret und müsse auch mit Haushaltsmitteln hinterlegt werden.