Das Karl-Bröger-Haus in Nürnberg. Freiheit. Gleichheit. Solidarität.

  • von  Kerstin Gardill
    16.03.2016
  • Featured [Partei], Partei, AK Gegen Rechts, Historie

Postkarte von 1930

Die Partei „Die Rechte“ hat am 19.03.2016 eine Demonstration vor dem Karl-Bröger-Haus durchgeführt und unter anderem das Verbot der SPD gefordert. Deshalb ein kurzer Blick auf die Geschichte des Hauses, um zu zeigen, welchen Symbolcharakter es hat, wenn eine menschenverachtende Partei vor einem zentralen Ort der Nürnberger Sozialdemokratie demonstriert – es ist ein klarer Angriff auf die traditionellen Werte der Sozialdemokratie, für die dieses Haus wie kaum ein anderes Gebäude steht: Freiheit, Gleichheit und Solidarität.

Gebaut wurde das Haus in den Jahren 1929/30 von den Nürnberger Architekten Karl Kröck und Hans Müller. Neben dem Sitz der Nürnberger SPD war es vor allem das Verlagsgebäude der sozialdemokratischen Zeitung „Fränkische Tagespost“.  Es war zu dieser Zeit das modernste und höchste Gebäude der Stadt. Und vor allem die Beleuchtung der Außenfassade ließ und lässt Passanten bis heute staunen. Die beiden Architekten orientierten sich am damals hochmodernen Stil der „neuen Sachlichkeit“ (Bauhaus). Ihnen gelang es,  vor allem durch den sechsstöckigen Mittelbau ein ebenso imposantes, ja fast festungsähnliches Gebäude und zugleich ein offenes und sehr flexibles Haus zu errichten. Offen und flexibel, weil das Haus einer der ersten reinen Stahlträgerbauten ist und die Wände nach Belieben versetzt werden können, und so neue Räume entstehen. Offen, weil es von Anfang als Ort der Begegnung gedacht war – schon in den dreißiger Jahren mietete sich unter anderem die Arbeiterwohlfahrt ein und verschiedenen Vereine trafen sich hier.

Das imposante, ja fast festungsähnliche des Hauses erklärt sich durch die Geschichte der Sozialdemokratie. Die Nürnberger Sozialdemokraten wollten sich mit diesem Haus ein Zuhause schaffen, indem sie sich ungestört treffen und ihre Zeitung drucken konnten. In der Einladung zum Haus hieß es „Dieses Haus soll Waffenschmiede sein“. Verständlicherweise klingt das für uns heute befremdlich – aus der Zeit heraus gesehen ist es aber nachvollziehbar: Es war der Kampf gegen den Nationalsozialismus gemeint.

Doch die große Zäsur kam im März 1933. Die Nationalsozialisten machten bei ihrer Machtergreifung natürlich nicht vor dem Prestigebau der Nürnberger Arbeiterschaft Halt. So wurde das Haus binnen kürzester Zeit gestürmt – übrigens unter der Leitung des fränkischen Gauleiters Julius Streicher, der persönlich dazu kam um das zerstörerische Treiben von SA und SS zu begutachten. Das Haus, das ursprünglich gebaut wurde um Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität nach außen zu tragen, sollte für zwölf Jahre in der Hand derer sein, die Gewalt, Angst und Terror schürten. Wo einst die sozialdemokratische Zeitung „Fränkische Tagespost“ gedruckt wurde, lief jetzt Streichers Hetzblatt „Der Stürmer“ über die Druckmaschinen.

Mit Kriegsende machten sich die Nürnberger Sozialdemokraten sogleich daran das Haus wieder aufzubauen. Heute besuchen das Haus im Jahr über 15.000 Menschen – das Haus ist ein begehrtes Veranstaltungszentrum geworden. Alle Nürnberger Mandatsträger haben ihre Büros hier – ebenerdig, weil das Haus bis heute ein offenes Haus sein möchte und ist:

Offen für alle demokratischen und freiheitlichen Kräfte und zugleich eine Festung gegenüber jeglichen menschenverachtenden und fremdenfeindlichen Tendenzen.