Hohe Ausbaudynamik:

Sozialreferent über Kinderbetreuungsplätze

  • 01.11.2011
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Mit einer gewissen Ambivalenz sieht Reiner Prölß, Referent für Jugend, Familie und Soziales, die heutige Kundgebung des Gesamtelternbeirats (GEB) „Kinder brauchen Qualität“.
„Auf der einen Seite freue ich mich über jedes Engagement die Bedingungen des Aufwachsens zu verbessern und kann die Forderungen grundsätzlich mittragen, andererseits ist die Stadt Nürnberg wohl der falsche Adressat. Land und Bund sind gefordert, mehr Anstrengungen zu unternehmen und eine bessere Finanzierung sicherzustellen. Es ist offensichtlich nicht ausreichend gelungen, die Leistungen der Stadt in den letzten Jahren darzustellen“, so Prölß. „Der Aufbau einer qualitativ hochwertigen Infrastruktur zur Bildung, Betreuung und Erziehung in Nürnberg ist das zentrale politische Ziel, wie sowohl Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly wie auch Stadtkämmerer Harald Riedel immer wieder betonen.“

Qualitativer und quantitativer Ausbau schreiten voran
Um dies sicherzustellen, geht die Stadt Nürnberg an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Seit 2002 sind in Nürnberg mit Unterstützung der freien Träger rund 4 800 zusätzliche Plätze zur Kinderbetreuung geschaffen worden und weitere knapp 3 000 sind im Bau, in der Bauvorbereitung oder Planung. „Das ist eine gewaltige Leistung und es gibt nur wenige Städte mit einer solchen Ausbaudynamik“, unterstreicht Prölß. Im Entwurf des Mittelfristigen Investitionsplanes 2012 bis 2015 stehen 107,6 Millionen Euro für den Ausbau bereit. In den städtischen Kindertageseinrichtungen stieg der Personalbestand – auch aufgrund von neuen Einrichtungen – vor allem durch eine bessere Ausstattung von 503 Vollzeitstellen im Jahr 2002 auf 691 Vollzeitstellen heute, das ist gut ein Drittel mehr an Personal. „Dabei schauen wir nicht nur auf den quantitativen Ausbau, sondern auch auf die qualitative Weiterentwicklung“, betont der Referent. „Wir liegen mit einem durchschnittlichen Anstellungsschlüssel über alle städtischen Einrichtungen hinweg mit 10,33 deutlich unter dem vorgegebenen gesetzlichen Mindestanstellungsschlüssel von 11,5.“ Der Schlüssel liegt für Regeleinrichtungen bei 10,7, für Familienzentren bei 10,0 und für Orte für Familien und Horte an Förderschulen und Krippen bei 9,0.

„Wir investieren in systematische Fortbildungen, haben dafür Stellen geschaffen und tragen damit zu mehr Bildungsqualität in den Einrichtungen bei. Dem heute tagenden Jugendhilfeausschuss liegen alleine 146 durch die Verwaltung begutachtete Stellenneuschaffungsanträge für den Bereich Kindertageseinrichtungen vor. Die Forderung nach Qualität und ausreichend Personal ist in den städtischen Kindertageseinrichtungen durchaus erfüllt. In den nächsten Jahren muss es darum gehen, diese hohen Standards zu halten“, stellt Prölß fest. „Auch bei Krankheit und Urlaub ist die pädagogische Qualität gesichert. Über alle Einrichtungen hinweg ist die Vakanz kleiner als ein Prozent, was allerdings nicht ausschließt, dass es in der einen oder anderen Einrichtungen gelegentlich zu Engpässen kommen kann.“
Wie wichtig die Arbeit mit Eltern und den Elternbeiräten ist, zeige schon strukturell die Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Orten für Kinder und Familienzentren. Sowohl in der Fortbildung wie auch in der Alltagsarbeit werde großer Wert auf die Mitwirkung und Unterstützung der Eltern bei ihrer Erziehungsarbeit gelegt. „Engagierte und starke Elternbeiräte sind uns wichtig und wir wollen vor allem auch bildungsfernere und sozioökonomisch belastete Eltern mehr in die Arbeit in der Kita einbinden“, formuliert Prölß als Zielvorgabe.

Fehlende Unterstützung der Kommunen durch Land und Bund
„Bildung, Betreuung und Erziehung muss eine Gemeinschaftsaufgabe aller föderalen Ebenen sein. Zurzeit werden mit dem Ausbau vor allem die Kommunen belastet. Um zu einer weiteren Qualitätsverbesserung zu kommen, muss der Freistaat seine Förderung deutlich verbessern und den empfohlenen Anstellungsschlüssel von 10,0 auch mitfinanzieren“, fordert Prölß. Die derzeitige Förderung sei für die qualitativen Ansprüche des „Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans“ nicht ausreichend. Aber auch der Bund sei gefordert, über das Jahr 2013 hinaus den Ausbau und den Betrieb von Kindertageseinrichtungen weiter zu fördern.
„Frühkindliche Bildung und Erziehung und mehr Bildungsgerechtigkeit ist der Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft, wie auch der vor kurzem dem Stadtrat vorgelegte Bildungsbericht der Stadt Nürnberg belegt“, begründet Prölß die Forderung nach einer stärkeren Beteiligung von Land und Bund an den Kosten. Auch das Bildungsbüro und die Bildungsberichterstattung seien Signale, wie ernst die Stadt Nürnberg das Ziel „Bildung von Anfang an“ nähme.

Modellprojekt Essensversorgung
Schwierig, weil vielschichtig, ist für Prölß die Forderung nach sonstigem Personal, insbesondere Haushaltshilfen in den Kindertagesstätten. „Bisher gab es im Rahmen der Beschäftigungsmöglichkeiten einerseits sinnvolle Beschäftigung für langzeitarbeitslose Menschen und andererseits eine massive Entlastung des pädagogischen Personals. Durch massive Kürzungen der Mittel für Beschäftigung durch den Bund und engere, bürokratische Richtlinien ist eine weitere Ausstattung der Kindertagesseinrichtungen nur noch im geringen Umfang möglich. Unbestritten ist, dass die gesunde Verpflegung der Kinder ein wichtiger Bestandteil der Kindertagesbetreuung ist. Eine flächendeckende, alleinige Finanzierung durch die Stadt Nürnberg ist aber angesichts der anderen qualitativen und quantitativen Ausbauziele nicht möglich.“ Hier stellten sich aber auch konzeptionelle pädagogische Fragen der Alltagsorganisation in Kindertagesstätten mit unterschiedlichen pädagogischen und nicht-pädagogischen Professionen, die Logistik der Essensversorgung und die finanzielle Beteiligung der Eltern. „Ich verstehe die Forderung und kann sie auch nachvollziehen, aber wir müssen noch viele Fragen klären. Mein Ziel wäre es, bis spätestens im nächsten Kindergartenjahr an einigen Kindertageseinrichtungen in einem Projekt solche Ansätze modellhaft auszuprobieren, wobei mir dabei auch der beschäftigungspolitische Aspekt, Menschen in sinnvolle, zufriedenstellende und wertstiftende Arbeit zu bringen, wichtig ist“, betont Prölß.