Gedenken an Verfolgte durch das NS-Regime

Nürnberger SPD übergibt Stele mit 266 Namen

  • 12.11.2011
  • AvS, Featured [Partei]

Es sind 266 Namen. Von dem Steinbildhauer Michael Gärtner akkurat eingemeißelt in eine mannshohe Stele aus rotem Mainsandstein. Nürnbergs jüngstes Denkmal steht vor dem Karl-Bröger-Haus der SPD und ruft die Erinnerung an Männer und Frauen wach, die in den Jahren von 1933 bis 1945 ihr Einstehen für demokratische Werte mit willkürlicher Festnahme, Folter, langjähriger Haft in Gefängnissen und Konzentrationslagern büßen mussten. Manche von ihnen mit ihrem Leben.

„Es gab mutige Menschen, die sich der Willkürherrschaft entgegengesetzt haben und wir haben die Verantwortung, uns heute entgegenzustellen, zum Beispiel wenn Neonazis in Nürnberg demonstrieren wollen“, sagte Bürgermeister Horst Förther bei der Enthüllung des Denkmals. Die Aufdeckung brauner Terrormorde in diesen Tagen verleihe dem Gedenken an sozialdemokratischen Widerstand während der NS-Diktatur eine neue schreckliche Aktualität. „Sie waren nicht allein, viele von ihnen hatten Familie“, sagte Förther. Und obwohl sie mit dem schlimmsten rechnen mussten, hätten sie sich zur Solidarität und zur Freiheit bekannt. „Ich überlege oft, was hätte ich in dieser Situation getan“, meinte Unterbezirksvorsitzender Christian Vogel. Er sei stolz, dass Nürnberg jetzt öffentlich jener Frauen und Männer gedenke, die sich für Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden einsetzten.
Der Weg zum Denkmal war lang, wie der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten in Franken, Reiner Wagner, aufzeichnete.

Der frühere Nürnberger Landtagsabgeordnete Martin Albert, der selbst im KZ Dachau inhaftiert war, begann bereits 1981 Namen, Daten, Dokumente und Zeitzeugenbereichte zu sammeln. Krankheit beendete diese Arbeit frühzeitig. Erst 2006 gingen die Nachforschungen gezielt weiter. Der Gruppe um den Historiker Bruno Heinlein mit dem früheren Landtagsvizepräsidenten Bertold Kamm, Reiner Wagner, Rudi Maly und Willy Prölß gelang es schließlich, die Schicksale von 266 verfolgten Nürnberger Sozialdemokraten nachzuzeichnen.


Es sind Menschen wie Dr. Rudolf Benario, der als jüdisches SPD-Mitglied schon im März in Dachau erschlagen wurde. Oder Fritz Munkert, den NS-Schergen zuerst im Konzentrationslager festhielten und schließlich im April 1944 ermordeten. Den ehemaligen Nürnberger Reichstagsabgeordneten Ernst Schneppenhorst erschossen Gestapoleute am 24. April 1945 in Berlin, wenige Tage vor dem Ende des NS-Regimes. Die größte Gruppe verfolgter und eingekerkerter Sozialdemokraten aus Nürnberg gehörte dem Kreis an, der ab 1933 den von der Exil-SPD in Prag gedruckten „Neuen Vorwärts“ weiter verteilte und versuchte, Parteistrukturen im Untergrund aufrecht zu erhalten. Einer der Initiatoren war Hans Prölß, dem 1934 zusammen mit 150 Mitgefangenen der Prozess wegen Verbreitung illegaler Schriften und versuchter Neubildung einer Partei gemacht wurde. „Das waren Helden“, sagte Horst Förther vor der roten Gedenkstele.